Informationen zum Heidelbeeranbau von Friedrich Wassermann
Anlage einer Heidelbeerplantage
Kulturheidelbeeren Entwicklung
Tropfbewässerung
Know-how für Heidelbeeranbauer oder
Was man bei der Anlage einer Heidelbeer-Plantage
beachten sollte
Plantagengröße und Verkehrslage
Wichtig ist die Entscheidung, in welcher Größe man die Plantage
betreiben möchte und ob man die Flächen später eventuell
erweitern würde. Das hängt natürlich auch davon ab, wie
man die Früchte vermarkten möchte oder vermarkten kann.
Für den Nebenerwerb beschränkt man sich auf eine kleinere Fläche
von höchstens 5 ha.
Bei einer guten Verkehrs-und Geschäftslage kann man, wenn die äußeren
Bedingungen stimmen, einen großen Teil der Ernte durch Selbstpflücker
vermarkten. Ausser dem Verkauf ab Hof kann man Cafés, Restaurants,
Hotels, Eisdielen, kleinere Obst- und Gemüsegeschäfte sowie Händler
und Küchen von Krankenhäusern und Heimen beliefern.
Man kann auch selbst auf Wochenmärkten verkaufen und vor allen Dingen
im eigenen Hofladen. Wenn man dabei noch ein Hofcafé betreiben kann,
werden auch beachtliche Mengen Heidelbeeren verarbeitet zu Kuchen, Desserts,
Speiseeis, Saft und Heidelbeer-Fruchtaufstrich.
Pflanzenschutz
Um wenig, oder besser keine Pflanzenschutzmittel einsetzen zu müssen,
pflanzt man nach Möglichkeit robuste Sorten, die nicht krankheitsanfällig
sind.
Sorten, die sehr engtriebig wachsen, müssen regelmäßig
ausgelichtet werden, damit die Blätter, Blüten und Früchte
nach einem Regen und morgens im Tau schnell wieder abtrocknen. Dadurch
kann ein eventueller Pilzbefall verhindert werden.
Unterstützen kann man das Abtrocknen der Heidelbeer-Pflanzen in der
Plantage, indem man mit einem Laubblasgerät mit Benzinmotor die Regentropfen
herunterbläst.
Deshalb sollten bewährte Sorten gepflanzt werden, die von Natur aus
locker wachsen.
Ausserdem lassen sich engwüchsige Sorten nicht so gut ernten und die
Früchte bekommen nicht so viel Sonne.
Um den Schaden durch tierische Schädiger zu begrenzen oder zu verhindern, empfehle ich, so viel wie möglich und vertretbar, Nistkästen aufzuhängen. Die Ansiedlung von Fledermäusen ist ebenfalls zu empfehlen.
Blütenbestäubung
Auf jeden Fall sollte man Hotels für Wildbienen erstellen, um die
Befruchtung der Blüten zu verbessern.
Zur Blütezeit ist die Anwesenheit von Bienenvölkern notwendig.
Bei kaltem und regnerischem Wetter fliegen die Bienen zu wenig. Da können
einige Hummelvölker Abhilfe schaffen, denn Hummeln sind nicht so empfindlich.
Bodenbeschaffenheit
Die vorhandene Bodenbeschaffenheit ist für die Neuanlage einer Heidelbeer-Plantage nicht so wichtig. In den gewachsenen Böden (normalen Ackerflächen) wachsen Heidelbeeren sowieso nicht. Es sei denn, man hat die Möglichkeit, jungfräuliche Moor- oder Heideflächen zur Verfügung zu haben, was sehr selten der Fall ist.
Geht man davon aus, dass nur Ackerland zur Verfügung steht, hebt
man einen Pflanzgraben aus und füllt ihn mit jungfräulichem,
saurem Substrat mit einem pH-Wert unter 4,5 auf.
Da Heidelbeeren Flachwurzeler sind, genügt eine Grabentiefe von ca.
50 cm.
Je breiter der Pflanzgraben mit dem sauren Material ist, umso besser und
erfolgreicher wird das Wachstum und somit der Ertrag sein.
Auch die Lebensdauer einer Heidelbeer-Plantage hängt von den Bodenvorbereitungen
ab.
Vorteilhaft wäre ein neutrales, humoses Ackerland ( oder Wiese ),
also kein alkalischer, schwerer Boden. Dann könnte man diesen Boden
nach einigen Jahren, wenn die Wurzeln der Heidelbeeren das eingebrachte
Substrat durchwurzelt haben, im Randbereich des Ackerlandes – der
Fahrgasse – und an dem angelegten Pflanzstreifen entlang, mit Schwefel
säuern.
Wenn das Ackerland, die Fahrgasse, aber einen zu hohen Salzgehalt aufweist,
würde sich die Schwefelanwendung erübrigen.
Heidelbeeren stellen wie keine anderen Obstarten besondere Ansprüche an den Boden. Sogar bei verschiedenen Sorten gibt es unterschiedliche Ansprüche, die man erkunden muss.
Heidelbeerpflanzen gehen eine Symbiose mit Mykorrhiza-Pilzen ein. Die
Mykorrhiza machen die Nährstoffe für die Heidelbeerpflanzen aufnahmefähig.
Wenn der Salzgehalt des Bodens zu hoch ist, können dort keine Mykorrhiza
gedeihen. Der Boden kann genügend Nährstoffe enthalten, der PH-Wert
kann unter 4,5 sein und wenn auch genügend bewässert werden kann,
wachsen die Heidelbeerpflanzen trotzdem nicht, weil durch zu hohem Salzgehalt
des Bodens keine Mykorrhiza vorhanden sind.
Bewässerung
Deshalb ist auch die Analyse des Wassers zum Bewässern der Heidelbeeren
sehr wichtig. Nicht nur der pH-Wert, sondern auch der Salzgehalt muss stimmen.
Um keine Fehlinvestitionen zu tätigen, sollte man sich Rat von einem
Spezialisten einholen. Zum Beispiel von Herrn Ing. A.P. Entrop, Obstbauzentrum
Jork.
Wenn möglich, sollte Regenwasser gesammelt werden. Es gibt relativ
preiswerte Betontanks ( mit 12.500 Ltr. Fassungsvermögen ) als Alternative
zum Teich.
Da man ja im Sommer nicht ständig bewässern muss und es in den
Monaten von Oktober bis Mai relativ viel Regen gibt, kann man sehr viel
Regenwasser sammeln.
Ich verbessere das gesammelte Wasser mit Kanne Enzym-Fermentgetreide. Die
Inhaltsstoffe wie z.B. Milchsäure, Mineralstoffe, Vitamine und Aminosäuren
wirken sich positiv auf das Wachstum der Heidelbeeren aus.
Vor dem Säuern des Bewässerungswassers, das einen zu hohen PH-Wert
hat, mit Salz, rate ich ab, weil sonst zu viel Salz in das Erdreich kommt.
Zur Bewässerung empfehle ich eine Tropfbewässerung mit einer
vorgeschalteten Filteranlage.
Pflanzerde bzw. Pflanzsubstrat
Das Pflanzsubstrat kann man sich selbst zusammenstellen. Wichtig sind
viel Torf, den man mit etwas Sägemehl und Sägespänen mischen
kann. Das Sägematerial sollte aber keine Farbreste oder andere Chemikalien
enthalten.
Mein Vorschlag: Baggertorf aus einer Moorgegend von ungedüngten Flächen
z.B. Straßenbau, Baugruben oder Torfwerke.
Wildschaden
Pflanzenteile von Heidelbeeren werden gerne von Rehen, Hasen und Kaninchen
gefressen. Gegen Wildschäden sollte die Plantage kaninchendicht, mindestens
160 cm hoch mit einem doppelt verzinkten Wildgatterzaun eingefriedigt werden.
Gegen Kaninchen sollte engmaschiger Maschendraht (verzinkt oder kunstoff-ummantelt)
von 100 cm Breite zusätzlich zum Wildgatterzaun verwendet werden.
Beim Wildgatterzaun sollten die unteren Drähte dicht zusammen sein.
Nach oben dürfen die Drähte größere Abstände
voneinander haben.
Der engmaschige Draht sollte am Wildgatterzaun so tief angebracht werden,
dass das Drahtgeflecht in ca. 30 cm Tiefe nach aussen im Erdreich auf ca.
20 cm Breite abgewinkelt werden kann und wieder mit Erde abgedeckt wird.
Wenn es in der Gemarkung Wildschweine gibt, sollte man dicht über
dem Erdboden 2 besonders starke, verzinkte Stacheldrähte ziehen.
Oben über dem Wildgatterzaun kann man gegen zweibeinige Eindringlinge
auch 1 oder 2 Stacheldrähte anbringen.
Damit der Zaun eine gute Standfestigkeit hat, empfehle ich druckkessel-imprägnierte Baumpfähle von 250 cm Länge und einen Zopfdurchmesser von mindestens 10 bis 12 cm im Durchmesser. Der Abstand der Pfähle von einander sollte ca. 3 – 4 m betragen.
Windschutz
Eine Heidelbeerplantage sollte nicht in freier Feldmark ohne Windschutz
angelegt werden.
Ü
brigens: Windschutzpflanzungen, Vorgewende und Fahrgassen neben den Aussenreihen
werden als Plantagenfläche bewertet.
Es gibt also eine Nettofläche, nur (ausschließlich) mit Heidelbeerpflanzen
bewachsen und eine Bruttofläche, die bewertet wird.
Wenn kein Windschutz vorhanden ist, sollte er möglichst mit Nadelgehölzen angepflanzt werden. Laubgehölze bringen im Winter und im Frühjahr nur wenig Windschutz. Als Nadelgehölze eignen sich Pinus- und Picea-Arten. Als schlankwüchsige Konifere empfehle ich Cupressocyparis leylandii. Sie ist besonders schnellwüchsig und wächst schlank.
Die Windschutzpflanzen sollten nicht zu dicht angelegt werden, damit die Heidelbeerpflanzen nach einem Regen oder morgens vom Tau möglichst schnell wieder abtrocknen können.
Wenn während der Blütezeit die Pflanzen über einen längeren
Zeitraum feucht sind, kann Botrytis (Grauschimmel) auftreten, der die Ernte
ernsthaft gefährdet. Im Sommer während der Reife und des Erntens
können sich das unangenehme Pflücken der nassen Früchte
und die schlechtere Haltbarkeit der feuchten Früchte negativ auswirken.
Durch den Windschutz soll ein für die Heidelbeeren günstiges
Kleinklima entstehen.
Gegen Vogelfraß muss die Plantage eventuell eingenetzt werden.
Düngung
Die Düngung erfolgt nach vorheriger Bodenuntersuchung.
Ich habe in mehr als 30 Jahren durch Düngungsversuche und –vergleiche
die besten Erfahrungen mit einem min.-organischen Volldünger (7% N,
5%P2O5, 8% K2O, 3% MgO) gemacht. Die Menge richtet sich nach Bodenbeschaffenheit
und Heidelbeersorte.
Da die Heidelbeeren Flachwurzler sind, sollte auf eine Bodenbearbeitung im Wurzelbereich verzichtet werden.
Unkrautbekämpfung
Gegen Unkraut kann man den Bereich um die Pflanze herum oder als Streifen
mit Flies oder Folie abdecken, alternativ dazu kann man den Bereich mit
Hackschnitzel bedecken. Man kann den Pflanzstreifen einfach nur mulchen
durch Mähen oder man setzt Herbizide vorsichtig ein. Letzteres aber
frühestens im 3. Standjahr der Heidelbeerplantage.
Für die Plantagenpflege hat sich das Mähen der Fahrgasse mit
einem Mulcher bewährt.
Will man innerhalb der Reihe keine Herbizide einsetzen, kann man den Unkrautaufwuchs
zwischen den Heidelbeersträuchern mit Freischneider(Motorsensen) kurz
halten.
Die Firma Clemens bietet als Anbaugerät an einem Schmalspurschlepper
einen „Um den Stock – Mäher“ mit hydraulischer Abtastung
an.
Bei dem Einsatz dieses Gerätes darf aber kein Tropfrohr (Bewässerungsrohr)
auf der Erde liegen. Man kann es mit kurzen Pfählen und Spanndraht
in ca. 30 cm Höhe aufhängen.
Bei begrünten (verunkrauteten) Pflanzstreifen verbrauchen die Kräuter, auch wenn sie kurz gehalten werden, Bodenfeuchtigkeit. Sie treten in Wasserkonkurrenz zu den Heiderbeersträuchern.
Blütenfrostschutz
Wenn man sich für eine Heidelbeerplantage entschieden hat, benötigt man zunächst das Land, welches keine Senke (Mulde) haben sollte. Am besten wäre eine Fläche mit leichter Hanglage, damit der Bodenfrost (Kaltluft) während der Blütezeit abfließen kann. In Senken (Mulden), wo die Luft steht, ist die Blütenfrostgefahr größer.
Gegen Blütenfrostschäden kann man eine Frostschutzanlage installieren.
Die benötigte Wassermenge und die Pumpenleistung hängen von der
Größe der Plantage ab.
Die Zuleitungen der PE-Rohre zu den Standrohren und die Pumpenleistung
müssen von einem Spezialisten berechnet werden.
Reicht die Stärke des ELT-Hausanschlusses für ELT-Pumpen nicht
aus, benötigt man eine Pumpe mit Verbrennungsmotorantrieb oder eine
Pumpe mit Zapfwellenantrieb für den Anbau an einen Ackerschlepper.
Die ¾" verzinkten Standrohre müssen mit Kreis-Regner und
einer 4 mm Frostschutzdüse ausgestattet sein.
Hat man nicht genügend Wasser für die Frostschutz-Beregnung
zur Verfügung, kann man durch Absaugen der Kaltluft (bei Bodenfrost)
Blütenfrostschutz betreiben.
Hersteller dieses Gerätes ist die Firma Metallbau Becker GmbH, Kochs
Hof 2, 31582 Nienburg / Weser.
Vermarktung
Bei der Anlage einer größeren Plantage sollte man sich darüber
im Klaren sein, dass es in den letzten Jahren keinen Engpass mit Heidelbeeren
auf dem deutschen Markt gegeben hat.
Alt eingeführte Heidelbeerplantagen erweitern noch ständig ihre
Anbauflächen und Heidelbeerexporte aus dem Ausland drängen auf
den deutschen Markt.
Man sollte sich den Absatz vor der Pflanzung möglichst sichern.
Investitionskosten
In eine Heidelbeerplantage zu investieren ist nicht mit wenig Kapital
möglich.
Berücksichtigen sollte man auch, dass in den ersten 7 Jahren nach
der Pflanzung keine Gewinne erzielt werden können.
Spart man bei den Bodenvorbereitungen, kann das schwaches Wachstum und
Ausfälle zur Folge haben. Dadurch hat man natürlich auch geringere
Erträge und relativ frühes Vergreisen der Sträucher.
Bei guter Bodenvorbereitung kann eine Heidelbeerplantage uralt werden,
ja sogar mehrere Generationen überleben.
Heidelbeeren kann man je nach Wüchsigkeit immer wieder verjüngen, indem man zu groß gewordene Büsche kurz über dem Boden absägt bzw. abschneidet. Die Pflanzen machen dann aus dem alten Holz (aus Adventivknospen) im 1. Jahr schon wieder lange Triebe mit Blütenknospen, an denen im darauffolgenden Jahr schon wieder Blüten und Früchte sind.
Maschinelle Ernte
Die Pflanzung der Heidelbeeren sollte so angelegt werden, dass später
mit Maschinen geerntet werden kann.
Es sollten möglichst lange Reihen entstehen, damit beim Maschineneinsatz
z.B. beim Mulchen nicht so oft gewendet werden muss.
Auch die Windschutzpflanzung innerhalb der Plantagenfläche darf der
Erntemaschine nicht im Wege stehen.
Man sollte auch die Höhe der Standrohre für die Frostschutzberegnung
berücksichtigen. Für die Zeit der maschinellen Ernte sollte man
sie auf halber Höhe abschrauben können.
Der Abstand der Reihen voneinander sollte mindestens 3 m betragen. Von
Pflanze zu Pflanze in der Reihe benötigt man 100 – 150 cm.
Sortenwahl
Bei der Sortenwahl wird es schwierig.
Man sollte darauf achten, dass ein besonders langer Erntezeitraum abgedeckt
wird.
Ist eine Maschinenpflücke ausgeschlossen und nur Handpflücke
vorgesehen, kann man die bewährten Sorten wie „Bluecrop“ pflanzen,
die auch besonders gut für Selbstpflücker zu empfehlen ist.
Die Sorte „Legacy“ ist sehr frohwüchsig und auch sehr ertragreich. Sie ist besonders gut im Geschmack, wie auch die Sorte „Bluecrop“, und sie ist sehr haltbar. Sie hat einen frühen Blühbeginn und ist deshalb Knospen- und Blütenfrost gefährdet. Sie ist in einigen Regionen in Deutschland nicht zu empfehlen.
Die Sorte „Duke“ sollte als frühe Sorte mit im Sortiment sein. Man sollte auf jeden Fall Sorten bevorzugen, deren Früchte nach der Ernte lange Zeit haltbar bleiben wie z.B. „Draper“, „Liberty“ und „Duke“.
Wenn auch zur Zeit noch kein Einsatz von Erntemaschinen geplant ist, sollte man Sorten pflanzen, die feste Früchte haben und die sich nach einer maschinellen Ernte noch als Frischfrucht vermarkten lassen.
Der Schnitt
Beim Schnitt kann man sich auf das Auslichten der Sträucher beschränken.
Es ist empfehlenswert, wenn man die Sträucher im unteren Bereich,
so ca. 30 cm über dem Boden (über der Erde), besonders schmal
hält. Bei der maschinellen Ernte würden sich sonst die Bodenlamellen
zu weit öffnen und zu viele Früchte durch die Öffnung auf
den Boden fallen.
Schlussworte
Die Heidelbeerkultur ist sehr interessant. Sie ist in jedem Jahr anders.
Die Heidelbeerpflanzen sind sehr empfindlich und reagieren bei jeder kleinen
Veränderung.
Die einzelnen Sorten reagieren sogar unterschiedlich auf den Boden, die
Düngung, Feuchtigkeit, Wärme, Kälte und Lichtverhältnisse.
Wenn man erst einmal mit Heidelbeeren lebt, kommt man nicht mehr davon los!
Friedrich Wassermann, 20. Oktober 2014